Innovationen in alternden Gesellschaften

herstattProf. Dr. oec. publ. Cornelius Herstatt

Institut für Technologie und Innovationsmanagement
TU Hamburg

Sie beschäftigen sich im Rahmen Ihrer Forschung unter anderem mit Innovationen in alternden Gesellschaften. Was kann man sich darunter vorstellen?

Die Annahme ist, dass Produkte und Dienstleistungen, die von älteren Menschen nachgefragt werden andere Qualitäten aufweisen müssen, als entsprechende Lösungen für eine junge bzw. jüngere Klientel. Dies betrifft Kernfunktionalitäten der Leistungen wie auch deren Präsentation und Nutzung. Aus meiner Sicht ist hiervon eigentlich kein Lebensbereich ausgeschlossen, d.h. alle Produkte und Dienstleistungen sollten einem „Alterstauglichkeitscheck“ unterzogen werden um zu überprüfen, ob diese eventuell angepasst werden müssen. Es geht aber auch um ganz neuartige Angebote, die so bisher nicht existieren und spezifisch an den Nutzenerwartungen von alten Menschen ansetzen.

Über die Auswirkungen des demografischen Wandels und die damit verbundenen Herausforderungen für die sozialen Sicherungssysteme wird viel diskutiert. Inwiefern betrifft der demographische Wandel auch unsere Wirtschaft?

Ich denke, dass Unternehmen das Thema „Alter“ bisher eher als Bedrohung denn als Chance betrachtet haben (alternde Belegschaft, rückgängige Umsätze, etc.). Der demographische Wandel ist aber wohl kaum zu stoppen, insofern wäre ein Umdenken erforderlich. Falls dies gelingt und Unternehmen ältere Menschen bewusst als (neue) Zielgruppe für ihre Angebote betrachten, wäre ein erster großer Schritt getan. Im Rahmen ihrer (nach außen wie nach innen gerichteten) Innovationsarbeit müssten Unternehmen dann geeignete Maßnahmen ergreifen, um attraktive Angebote für eine älter (werdende) Klientel zu schaffen. Dies hat strukturelle, prozessuale wie auch methodische Implikationen. Im Hinblick auf interne Maßnahmen ist bspw. an attraktive Arbeitsangebote für ältere Mitarbeiter zu denken.

Junge Menschen machen sich meist mit Produkten oder Serviceleistungen selbstständig, die entweder alle Altersgruppen oder aber ihre eigene ansprechen. Wie kann man junge angehende Gründer davon überzeugen, im „Silver Market“ aktiv zu werden?

Meine Erfahrung hat mir gezeigt, dass jüngere Entrepreneure im Silver Market dann aktiv werden, wenn es persönliche „Trigger-Momente“ gibt, die sie hierzu besonders motivieren (die Großmutter, die kein kompliziertes Handy bedienen kann, die Diabetes-erkranken Eltern, die sich eine App wünschen, mit der sie ihre Krankheit besser „managen“ können, etc.). Wenn sich diese Trigger-Momente (Bedarfswissen) mit technischer Kenntnis zusammen stoßen (Lösungswissen), können daraus neuartige Lösungen entstehen, die auch für andere, ältere Menschen hochattraktiv sind). Viele Produkte im Silver-Market sind ursprünglich so entstanden. Ich denke, dass aber auch weniger direkt-betroffene (junge) Entrepreneure in die Themen einsteigen, wenn sie erkennen, dass es Marktchancen gibt und die von erfolgreichen Pionieren im Silver-Markt „lernen“ können. Wenn diese Aktivitäten besondere Unterstützung finden würden (staatliche oder private Anschubfinanzierungen, Seed-Capital, Start-up Finanzierungen, Accelerators, etc.), dürfte das alles sehr schnell gehen.

Was sollten Unternehmen beachten, um mit Innovationen für Senioren erfolgreich zu sein?

Niemand will Produkte für alte Leute kaufen, es geht also darum Produkte und Dienstleistungen so zu entwickeln, dass ältere Menschen sie nutzen wollen ohne sie als „exklusiv für Alte“ zu labeln. Ältere Menschen sollten daher mit großer Selbstverständlichkeit im Geschäftstätigkeits-Fokus von Unternehmen stehen. Das bedeutet Dialogwillen und -fähigkeit mit dieser Klientel und Ernsthaftigkeit im Umgang miteinander.

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