Als Gründer in jeder Phase mitwachsen

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Tim Kahrmann

Gründer und Geschäftsführer, Pflegix®

Wenn man sich das Pflegix Portal anschaut, kann man sich kaum vorstellen, dass es erst ins dritte Jahr kommt. Was ist euer Erfolgsrezept?

Eine unserer Stärken direkt zu Beginn war, dass wir als Dreier-Gründerteam angetreten sind: Mit zwei Entwicklern an Bord und meinen Erfahrungen im Aufbau von Plattformen war es uns möglich, von Anfang an sehr schnell voranzukommen. Zudem treffen wir mit unserem Konzept auf einen hohen Bedarf.

War/ist es schwierig, Investoren zu gewinnen? Aus welcher Branche kommen diese?

Besonders in der sehr frühen Phase, ohne Track-Record von vorherigen Gründungen, ist es in Deutschland schwierig, Kapital zu finden, weil der Appetit der Investoren auf Risiko nicht so hoch ist.

Wir haben zu Beginn mit ganz unterschiedlichen Investoren gesprochen und schnell festgestellt, dass wir jemanden brauchen, der sich in der Branche auskennt, einen Business-Angel. Wenn man einige Zeit am Markt überlebt hat, kommen dann irgendwann auch Investoren auf einen zu. Bei uns war das Thomas Wötzel aus Berlin. 

Gab es in der Startphase auch Rückschläge?

Es gab viele Rückschläge, die sind völlig normal. Wir hatten zum Beispiel zu Beginn einen Förderantrag gestellt, der abgelehnt wurde. Das war sehr ernüchternd. Es gab auch bestehende Player im Markt, die versucht haben, uns rechtlich anzugehen. Man braucht starke Mitgründer, um solche schwierigen Phasen gemeinsam zu überstehen.

Thema Mitbewerber: Musstet ihr euch gegen Mitbewerber durchboxen, oder gab es da gar nicht so viele? Wie ist die Situation heute?

Die Zahl der Mitbewerber war damals noch überschaubar. Es gab zwar bereits Plattformen der Generation 1.0, wir wollten jedoch noch eine Schippe drauflegen und das Angebot erweitern. Im Laufe der Zeit kamen drei Mitbewerber hinzu, die ein ähnliches Geschäftsmodell hatten. Einer ist inzwischen in einen anderen Bereich geshifted, Hellocare haben wir übernommen.

Ist Pflegix mittlerweile ein Selbstläufer, oder arbeitet ihr kontinuierlich daran?

Man kann Plattformen wie Pflegix mit einer großen Wassermühle vergleichen. In jeder Schaufel muss Wasser sein, damit genug Energie zur Verfügung steht, um das Ganze am Laufen zu halten. Wenn die Mühle jedoch dann einmal läuft, läuft sie leicht und beständig. Das aufzubauen, ist sehr langwierig. Es dauert zum Beispiel seine Zeit, bis man von den Suchmaschinen auch als Plattform anerkannt wird. Früher hat es Google nicht interessiert, was wir machten. Heutzutage sind neue Inhalte von uns spätestens am nächsten Tag dort zu finden. Die Branche kennt einen mit der Zeit, vieles wird einfacher, die Herausforderungen werden andere. Das Wichtigste ist, dass man den Spaß an der Sache behält.

Welche Dienstleistungen werden am meisten gebucht?

Meist buchen Angehörige für ihre Eltern Hilfen in den Bereichen Hauswirtschaft und Betreuung. Das sind zum Beispiel Besuchsdienste, nach dem Rechten schauen und so weiter, vor allem, wenn die Eltern nicht in der Nähe wohnen. In den meisten Fällen werden regelmäßige Dienstleistungen gebucht.

Wie lange dauert es von der ersten Anfrage bis zum Einstellen des Helfers?

Anfangs dauerte es schon mal einige Tage, bis der richtige Helfer gefunden wurde. Inzwischen sind wir aber deutschlandweit sehr gut vernetzt und es geht deutlich schneller.

Können die von Pflegix angebotenen Dienstleistungen über die Pflegeversicherung abgerechnet werden?

Unter die abrechenbaren Leistungen fällt die Verhinderungspflege, die von pflegenden Angehörigen in Anspruch genommen wird. Unsere Helfer springen ein, wenn sie in den Urlaub fahren, selbst krank sind oder aus anderen Gründen vorübergehend die Pflegeaufgabe nicht übernehmen können. Die Kosten übernehmen die Angehörigen zunächst selbst und reichen sie dann bei der Pflegeversicherung ein.

Außerdem wird der Entlastungsbetrag von 125 Euro häufig nachgefragt. Mit dem Geld kann zum Beispiel eine Haushaltshilfe finanziert werden, aber auch andere Dienstleistungen wie Einkaufen. Welche Qualifikation unsere Helfer brauchen, damit ihre Leistungen darüber abgerechnet werden können, ist je nach Bundesland unterschiedlich.

Wo siehst du Pflegix in fünf Jahren? Wie siehst du deine Zukunft bei Pflegix?

Wir sehen uns auf einem guten Weg, einen nachhaltigen Beitrag zur Digitalisierung in diesem Bereich zu leisten. Plattformen brauchen aus meiner Erfahrung 5 bis 7 Jahre, um ihre volle Tragkraft zu entfalten. In jeder Phase braucht es andere Kompetenzen, als Gründer muss man da mitwachsen. So bleibt es jedoch auch stets spannend. Die Skalierung der Plattform ist sicher ein Thema, das uns die nächsten Jahre begleiten wird. Dabei helfen uns zum Beispiel Kooperationspartnerschaften, wie aktuell mit der STIFTUNGSFAMILIE BSW & EWH für Beschäftigte und ehemalige Beschäftigte der Deutschen Bahn. Die Stiftung stellt im Fall der Pflegebedürftigkeit ein Budget zur Verfügung. Solche Kooperationen wollen wir erweitern. Ziel ist es auch, die Abrechenbarkeit von Leistungen weiter zu vereinfachen.

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