Vorzüge von Smart-Home-Lösungen erklären

Ariane Schenk, Bitkom e.V.Ariane Schenk

Referentin Health & Pharma, Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien Bitkom e.V.

 

Als Digitalverband Deutschlands setzt sich der Bitkom für die Digitalisierung in den Lebensbereichen Wirtschaft, Gesellschaft und Verwaltung ein. Wir wollten wissen, inwiefern die Aktivitäten des Bitkom auch die Älteren und Alten unter unseren Mitbürgern berühren.

Ältere Menschen wollen so lange wie möglich selbstständig in ihrem Zuhause leben. Gleichzeitig sind viele von ihnen zunehmend auf sich allein gestellt – etwa weil die Kinder weit entfernt leben. Von Smart-Home-Lösungen für das Wohnen im Alter erhofft man sich eine Antwort auf diese Herausforderung. Wie schätzen Sie das Potenzial solcher Anwendungen ein? Was sind Ihre Favoriten?

Smart-Home-Technologien bieten älteren Menschen ein großes Potenzial. Etwa spezielle Assistenz-Systeme können Menschen den Alltag in den eigenen vier Wänden erleichtern: Ein Sensor erkennt, wenn der Herd nicht ausgeschaltet wurde. Der Bewohner kann dann gewarnt und der Herd automatisch abgeschaltet werden... Digitale Lösungen für das Wohnen im Alter sind technologisch bereits sehr ausgereift und decken vielfältige Einsatzmöglichkeiten ab. Eines verbindet erfolgreiche Projekte: Nicht die Technik, sondern der Mensch steht im Mittelpunkt. Die Potenziale vor dem Hintergrund des demografischen Wandels sind hoch. Sie ermöglichen älteren Menschen länger selbstbestimmt in ihrem Zuhause zu bleiben, entlasten Angehörige und Pflege, bringen Sicherheit oder unterstützen die soziale Teilhabe.

Meine Favoriten sind solche Smart-Home-Lösungen, die technologischen Fortschritt beinhalten, aber sich zielgruppengerecht in den Alltag integrieren, ohne Stigmata zu befördern.

Unter den Bewerbungen um den SENovation-Award befinden sich immer wieder auch digitale Produkte und Anwendungen, die auf die Erfassung von Bewegungs- oder Verhaltensmustern setzen, etwa zur Sturz- bzw. Notfallerkennung. Was glauben Sie: Sind ältere Menschen solchen Anwendungen gegenüber offen, oder empfinden sie diese eher als Eingriff in ihre Privatsphäre?

Auch wenn die Berührungsängste mit dem Alter steigen: Gerade für Senioren haben Smart-Home-Lösungen enorm viel zu bieten. Ältere Menschen werden vor allem dann für diese Technologien offen sein, wenn sie ihnen Sicherheit vermitteln und ihnen helfen, nicht auf andere angewiesen zu sein. Die Herausforderungen für die Hersteller solcher Produkte und Anwendungen ist es, klar die Vorzüge der Technologie zu erklären – und zwar so, dass diese auch jeder sofort versteht.

Einer repräsentativen Umfrage des Bitkom zufolge bezieht jeder vierte Senior ab 65 Jahren seine Medikamente ganz oder teilweise aus einer Online-Apotheke – das schließt verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Arzneien mit ein. Bei den anderen Altersgruppen ist der Anteil deutlich höher. Dabei könnten Online-Apotheken gerade älteren und mobil eingeschränkten Menschen Wege ersparen. Woran liegt Ihrer Meinung nach diese Zurückhaltung? Was könnte dazu beitragen, das zu ändern?

Unter den älteren Internetnutzern sind ungefähr genauso viele Online-Shopper wie bei jungen Internetnutzern. Allerdings sind weniger Ältere überhaupt online. Dennoch rangiert das Online-Bestellen von Medikamenten dabei vergleichsweise weit oben.

Gerade bei Medikamenten ist für viele Senioren der direkte Kontakt zu Ärzten und Apothekern wichtig - oder sie benötigen spezifische Beratung. Das ist bei vielen Online-Apotheken zwar gegeben und wird fortwährend ausgebaut, aber ich denke, ältere Menschen setzen in diesem Bereich doch noch stärker auf den persönlichen Kontakt. Jüngere Menschen, die seltener krank sind und Medikamente einnehmen müssen - und vielleicht auch örtlich nicht so verwurzelt mit ihrem Arzt und Apotheker sind - sehen die Vorteile der Flexibilität und nutzen auch die Online-Beratung der Apothekenportale. Außerdem ist das Bestellwesen rezeptpflichtiger Medikamente auch noch nicht richtig komfortabel, da das Rezept per Post zur Versandapotheke gebracht werden muss. Wenn das E-Rezept zur Verfügung steht, werden sicherlich auch ältere Patienten sich den Weg zum Briefkasten genauso ersparen, wie zur Apotheke.

Die Digitalisierung des Gesundheitssektors in Deutschland nimmt (endlich) Fahrt auf. Gesundheits-Apps auf Rezept, elektronische Patientenakte, E-Rezept werden in spätestens zwei Jahren Alltag sein. Im Zuge der Corona-Pandemie haben Videosprechstunden schon jetzt starken Zulauf erhalten. Wo bleiben da diejenigen, die den Anschluss an die modernen Technologien verpasst haben, vor allem also die sehr alten Menschen?

Die Corona-Krise hat bei vielen Menschen ihr Verhältnis zur Digitalisierung geändert – auch bei Senioren. Inzwischen zeigt sich fast jeder Zweite technologischen Neuerungen gegenüber zumindest aufgeschlossen. Viele nutzen bereits das Internet oder ein Smartphone mit Apps. Gleichwohl fällt vielen älteren Menschen der Schritt ins digitale Neuland schwer. Hier brauchen wir noch viel mehr Hilfsangebote. Viele digitale Anwendungen im Gesundheitswesen richten sich auch an Ärzte, Pflegeeinrichtungen oder Krankenkassen, sodass auch ältere davon profitieren – auch wenn sie gar keine direkten Anwender der Technologien sind.

Zudem ist etwa die Nutzung der elektronischen Patientenakte freiwillig - oder es stehen Ersatzverfahren bereit. Wer digitale Anwendungen nicht nutzen möchte oder kann, erhält trotz allem die Versorgung, die er benötigt.

Eine der größten Herausforderungen für unser Gesundheitssystem, für unsere Gesellschaft, ist der Pflegesektor. Künstliche Intelligenz könnte hier Abhilfe schaffen. Neben Pflegerobotern kommen auch kleinere, sehr gezielte Lösungen ins Spiel. Unter unseren Bewerbungen waren zum Beispiel verschiedene Apps zur Entlastung, Motivation und Weiterbildung von Pflegekräften. Was würden Sie Älteren antworten, die sich Sorgen um den Verlust des Faktors „Mensch“ machen?

Im Bereich der Gesundheit geht es gar nicht ohne den Faktor Mensch. Gerade Digitalisierung im Pflegebereich zielen überwiegend darauf ab, administrative Prozesse zu vereinfachen oder pflegerische Aufgaben zu unterstützen und zu erleichtern. Digitale Lösungen ersetzen also nicht die Pflege, sondern können vor allem helfen, die Qualität zu verbessern.

Mit welchen Aktivitäten unterstützt der Bitkom Start-ups, die sich im Gesundheits-/Pflegesektor bzw. Smart Home engagieren?

Wir haben speziell für Start-ups die Get-Started-Initiative, die Mitarbeiter, Gründer und Geschäftsführer von Start-ups mit ganz speziellen Formaten und Themen unterstützt. Ganz allgemein geht es dabei um Vernetzung mit Unternehmen der etablierten Wirtschaft, Informationsaustausch, Austausch und Sichtbarkeit und den Zugang zu Entscheidern aus Politik, Wirtschaft und Investoren.

Vor allem in sehr regulierten Märkten und Branchen wie dem Digital Health-Bereich unterstützen wir junge Unternehmen auch mit aktuellen Informationen zu Marktentwicklungen, Gesetzesvorhaben und Fragen des Marktzugangs. Wir sind u.a. auch maßgeblicher Herstellerverband im Bereich der Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA), also Gesundheits-Apps auf Rezept, und verhandeln in einem Konsortium mit weiteren Herstellerverbänden die Rahmenvereinbarung über die Maßstäbe der Vergütungsbeträge für DiGA.

Wir benutzen Cookies
Wir verwenden Cookies, um unsere Webseite für Sie optimal zu gestalten, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf unsere Website zu analysieren.