Soziale Innovationen und Alter

Zarah BruhnZarah Bruhn

Beauftragte für Soziale Innovationen im BMBF

Zarah, seit April 2022 bist Du die Beauftragte für Soziale Innovationen im Bundesministerium für Bildung und Forschung. Was sind Deine Aufgaben in dieser neu geschaffenen Funktion und was ist Dein persönliches „mission statement“?

Ich möchte, dass Soziale Innovationen und ihr großes Potential für Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft noch viel sichtbarer werden. Es geht darum, mehr Menschen dafür zu begeistern, ihre innovativen Ideen umzusetzen und groß zu skalieren, damit sie ihre volle Wirkung entfalten. Um sie dabei zu unterstützen, möchten wir im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die richtigen Anreize setzen und innovative Köpfe zusammenbringen.

Deutschland ist ein Land mit einem hohen Altersdurchschnitt in der Bevölkerung der auf absehbare Zeit weiter steigen wird. Ob bzw. wie ist das Thema „Alterung“ bereits auf Deiner/Eurer Agenda?

Unsere zunehmend älter werdende Bevölkerung stellt unsere Gesellschaft vor große Herausforderungen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) nimmt sich diesen Belangen des Alterns und der Senioren in seiner Gesundheitsforschung explizit an.

Zum Beispiel mit dem Leibniz-Institut für Altersforschung - Fritz-Lipmann-Institut, oder mit spezifischen Fördermaßnahmen wie der „Stärkung der Forschung in der Geriatrie und Gerontologie“. Daneben unterstützt das BMBF Forschung zu den großen altersrelevanten Volkskrankheiten, wie Diabetes oder Krebs, aber verstärkt auch zu Erkrankungen mit bislang unzureichenden Therapieoptionen, bspw. Morbus Parkinson oder Morbus Alzheimer.

Und mit dem Programm „Miteinander durch Innovation“ fördern wir Forschung zu modernen Pflegetechnologien. Damit sollen Pflegende bei ihrer wichtigen Arbeit unterstützt werden und ältere, pflegebedürftigen Menschen länger im eigenen Wohnumfeld leben können. Mit verschiedenen Förderprogrammen zielen wir also nicht nur eine bestmögliche Gesundheit im Alter, sondern auch eine selbstständige Lebensführung und soziale Teilhabe.

Wenn Du das gesamte Spektrum der sozialen Innovationen in Deutschland betrachtest, welche Bedeutung, welchen Anteil haben Themen rund um den demografischen Wandel?

Sicher einen sehr großen Anteil. In dem Bereich gibt es sehr aktive Communities und zahlreiche sozialinnovative Projekte. Viele davon realisieren innovative Ideen, um mehr Fachkräftenachwuchs zu fördern, eine der zentralen Herausforderung des demografischen Wandels. Ebenso gibt es zahlreiche Projekte zum Thema Alternde Gesellschaft und Teilhabe im Alter (Silber Salon, Media4Care, etc.). Besonders hervorheben möchte ich hier gerne drei Projekte, die aus der ersten Runde des BMBF Wettbewerbs „Gesellschaft der Ideen“ hervorgegangen sind:

1. „ZUSAMMENHÖREN - HÖREN FÜR ALLE PFLEGEBEDÜRFTIGEN“ – als gemeinsames Projekt von HNO-Praxen, Krankenkassen, Hörakustikern, Altenpflegern und weiteren.

2. „GeneRobot“: Hier trifft betreutes Wohnen auf moderne Robotik und bringt Generationen zusammen.

3. „ViVerA“, hier geht es um virtuelle Veranstaltungen in der Altenpflege für einen niedrigschwelligen Einstieg in ein Ehrenamt zugunsten des Austausches zwischen jungen und älteren Menschen und zugleich um Digitalkompetenzen für die Bewohner von Altenpflegeeinrichtungen.

(Details zu den Projekten finden sich unter https://www.gesellschaft-der-ideen.de/SharedDocs/Ideen/de/)
Beim Thema soziale Innovation und Ältere sehen wir zwei große Bereiche: Den „bekannten“, in dem Ältere Unterstützung brauchen z.B. in der Pflege oder beim Thema Einsamkeit und auch Altersarmut. Weniger Aufmerksamkeit bekommt jedoch das Potentiale der Älteren als soziale Innovatoren. Wie bewertest Du das Thema soziale Innovation durch und nicht für ältere Menschen?

Bereits heute leisten insbesondere Seniorinnen und Senioren einen großen Teil in der Freiwilligenarbeit, etwa beim Thema Geflüchtete. Sie leisten beeindruckend viel für unsere Gesellschaft. Hier steckt viel kreatives Potential für Soziale Innovationen, geprägt durch Erfahrungen und Engagement. Dieses Senior Social Entrepreneurship könnte noch stärker gehebelt werden. Laut einer Forsa-Umfrage können sich drei Viertel der 50- bis 75-jährigen gesellschaftliches Engagement im Alter grundsätzlich vorstellen. Für 48% stellt die Gründung eines sozialen Unternehmens einen vorstellbaren Weg dar, sich für die Gesellschaft zu engagieren. Die Herausforderungen sind ähnlich wie bei jüngeren Gründerinnen und Gründern, es geht darum ein nachhaltig funktionierendes Unternehmen aufzubauen und zu führen. Allerdings wäre noch zu untersuchen, wie transferbereit die Seniorinnen und Senioren sind, da es bei SI im Gegensatz zum klassischen, meist lokalem Ehrenamt darum geht, die Innovation in die Breite zu tragen und zu skalieren.

Ältere Gründer sind ja sehr oft im Bereich Soziale Innovationen tätig. Gibt es im Haus/der Regierung Überlegungen das Thema ältere Gründer zu fördern? Viele Ältere trauen sich ja (noch) nicht zu gründen.

Die demografische Entwicklung, der wir aktuell und auch verstärkt zukünftig gegenüber stehen, wird langfristige und tiefgreifende Transformationsprozesse erfordern. Um das zu schaffen, sind wir u.a. auf Gründerinnen und Gründer mit reichem Erfahrungsschatz angewiesen, die bereits jetzt mit ihrem Know-how substanzielle Beiträge zur Leistungsfähigkeit des deutschen Innovationssystems leisten. Diese Entwicklungen und Möglichkeiten greift auch das aktuelle Jahresgutachten der Expertenkommission Forschung und Innovation auf. Auch das BMBF unterstützt hier, etwa mit den Programmen Go-Bio und Go Bio initial in den Lebenswissenschaften. Beide Maßnahmen richten sich auch an Personen in einer beruflichen Umorientierungsphase und neben jüngeren Forscherinnen und Forschern an Personen mit langjähriger Erfahrung in Wissenschaft oder Klinik. Das schließt explizit und insbesondere berufserfahrene, ältere Gründerinnen und Gründer mit ein.

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