Das Alter als etwas Positives darstellen

brueggemannFoto: © Bine Bellmann
Simone Brüggemann

Geschäftsführerin und Gründerin 59plus.de

Frau Brüggemann, Sie haben das Online-Portal 59plus gegründet. Was hat Sie daran gereizt, sich selbstständig zu machen?

Zunächst einmal: Ich habe das Portal 59plus nicht allein gegründet, sondern zusammen mit meiner Freundin Ute Kördel. Unsere Freundschaft, viele Gespräche, gemeinsame Reisen und Unterhaltungen über das Alter – wir sind 23 Jahre auseinander – haben in uns das Bedürfnis geweckt, das Alter jenseits der 59 so darzustellen, wie wir und viele andere es empfinden: Als etwas Positives. So entstand die Idee zu unserem online-Portal. Wir haben es ganz bewusst als General Interest Portal angelegt. Es soll Mut machen und zeigen, dass man seinem Leben noch einmal eine neue Richtung geben kann.

59plus – das ist kurz vor der Rente und alles danach. Welche Herausforderungen bringt diese sehr große Altersspanne aus journalistischer Sicht mit sich?

Unsere Zielgruppe will nicht als alt abgestempelt werden. Aber: Sie hat sich gefunden, sie hat Erfahrungen, hat Entbehrungen erlitten, vielleicht Verluste erfahren oder familiäre Tragödien erlebt. Unsere Zielgruppe ist reifer. Das möchten wir in der Ansprache berücksichtigen. Wir haben übrigens auch Nutzer, die Mitte 30 bis Ende 40 Jahre alt sind. Sie finden bei uns wertvolle Informationen und konkrete Lösungsansätze für die Begegnung mit ihren Eltern.

59plus hat verschiedene Kooperationspartner. Wie schwierig ist es, Partner zu rekrutieren?

Grundsätzlich ist es mühsam, Kooperationspartner zu finden, da die Werbewelt immer noch vor allem junge Menschen anspricht. Ich frage mich immer wieder warum, jeder weiß, dass die ältere Generation die kaufkräftigste Kundengruppe ist. Die Großeltern von heute sind nicht mehr so wie vor 30, 40 Jahren. Sie sind offen, sie lernen Sprachen, studieren… Das Problem, das wir haben ist: Bei Marktstudien werden die jüngeren Altersgruppen in 10-er oder 20-er Schritten unterteilt. Ab dem Rentenalter gibt es oftmals keine Unterteilung mehr. Ab 65 werden alle über einen Kamm geschoren und die unterschiedlichen Bedürfnisse in den Altersgruppen 65 bis 75, 75 bis 85, 85 bis 95 und älter werden nicht abgefragt.

Sie haben auch einen online-Shop mit Empfehlungen aus der 59plus-Redaktion. Wie heben Sie sich von großen online-Händlern ab?

Wir bieten nicht alles an, sondern von der Redaktion ausgesuchte Produkte. Das wird von unseren Usern zunehmend angenommen. Am besten kommen kleine Besonderheiten an, die man nicht im Supermarkt findet, zum Beispiel wiederverwendbare Wachstücher zum Frischhalten von Lebensmitteln, Funktionskleidung mit besonderen Features für Menschen mit Demenz usw.

Außerdem stößt unsere Buchauswahl auf großes Interesse. Seit drei Jahren gibt es bei 59plus sehr erfolgreich einen Buch-Talk: Viele Ältere sind noch mit dem Buchladen um die Ecke groß geworden, wo der Buchhändler einen kannte und etwas empfehlen konnte. Diese Buchläden sterben aus. Beim Buch-Talk stellt ein Buchhändler per Video ein neues Buch vor. Wir verweisen dann immer darauf, dass das Buch nicht nur bei großen Versandhändlern, sondern auch beim Buchladen online bestellt werden kann.

Wo sehen Sie 59plus in Zukunft? Denken Sie, das Format wird auch in fünf oder zehn Jahren noch in dieser Form bestehen?

59plus trägt sich noch nicht, da wir noch nicht genügend Kooperationspartner haben, die sich mit der älteren Zielgruppe auseinandersetzen möchten. Das ist sehr komisch, denn jeder will alt werden, aber keiner will alt sein und dafür wird auch alles getan. Der Punkt Kooperationen wird natürlich auf lange Sicht der sein, der über das Weitermachen entscheidet.

Aber meine Mitgründerin und ich sind absolut optimistisch. Wir haben einiges an Ideen in der Pipeline, zum Beispiel Veranstaltungen für und mit den Menschen der Generation 59plus, ähnlich dem Senioren-Flashmob. Auch sind wir mit unserem General Interest Portal richtig aufgestellt. Ein Privileg des Älterwerdens ist, dass man sich wieder Zeit nehmen kann und darf. Diese Zeit geben wir uns und unseren Usern.

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